Einmal gefühlt über den Tisch gebrochen.
Wenn die sogenannte „Familie“ am Tisch sitzt, ist´s doch besonders schön.
Die einzigen vernünftigen. Soll heißen, die einzigen, die ihren Gehirnbrei nicht gegen neue Horizonte oder alternative Sichtweisen abgegrenzt haben, sind die Jüngsten am Tisch. Dort besteht noch Hoffnung. Der Rest hat sich entweder längst selbst aufgegeben oder seine Gewohnheiten und Grenzen im Kopf als gegeben hingenommen. Da lässt sich ja mitte 50 nichts mehr ändern. Wie hirnverbrannt ist das denn?
Unterhält man sich dann mit dem Jüngsten über sein eigenes neues Projekt, mit dem man versucht die Welt ein Stückchen besser zu machen, mit dem man versucht die Welt umweltfreundlicher zu gestalten und mit dem man schon Erfolg hat, bereits etwas bewegt und Preise dafür entgegennehmen durfte,…tja dann ist das genau der richtige Moment für die eigene Mutter über ihren Sohn herzuziehen, mit dem Glauben, er sei ja eh gerade in sein utopisches Gehirngespenst vertieft. Dieser ewige Student, dieser Philosoph müsse eben immer alles durchdenken und alles anders sehen. Man hoffe ja, dass er irgendwann endlich ein mal was auf die Ketten bekommt. Was will man denn mit Philosophie überhaupt anfangen. Ewig studieren halt und dann später mal keine Arbeit haben. Ganz schön erbärmlich. Erbärmlich ist die Art & Weise der geführten Konversation und der Glaube, der Sohn könne nicht 2 Gespräche zeitgleich aufnehmen.
Das der Sohn seine Philosophie aber nicht nur betreibt, sondern lebt, das fällt keinem am Tisch auf. Obwohl es doch so offensichtlich ist. Alle sind einzig und allein damit beschäftigt seinen unkonventionellen Weg als bedauerlich und naiv abzutun. Alle sind damit beschäftigt ihre eigenen Unzulänglichkeiten zu verbergen und als Eltern so zu tun, als ob sie darauf warten würden, dass ihr Kind endlich etwas „ordentliches“ macht. Alle sind damit beschäftigt ihre eigene Angst zu verbergen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, wirklich zu tun, was sie wollen und sich nicht vor irgendwelchen hinderlichen Regeln und Geboten kleinmachen zu lassen. Regeln, die einen an echtem Wachstum hindern. Regeln, die mehr als ungesund für das eigene befinden, das eigene Wesen sind. Ordnung, blinder Fleiß, tagtägliches 10 Stunden arbeiten. Das sind Dinge, die imponieren. Sinnloses tun und den eigenen Körper missachten, das sind Dinge, die imponieren. Das der eigene Sohn sich tagtäglich darum bemüht über sich hinauszuwachsen, Anteil an dem vermeidlichen Schicksal der Erde nimmt, bereits etwas erschaffen hat, worauf man Stolz sein kann, sich nicht klein machen lässt, aufrecht steht, selbstbewusst seinen eigenen Weg erkundschaftet und geht,… alles das was offensichtlich ist, wird ignoriert oder verlacht. Und was soll das mit „freier Liebe“ – was für eine urkomische, freigeistige Vorstellung. Als ob man das ernst meinen könnte. Man müsse doch wissen, wie Beziehungen funktionieren und Ehen geschlossen werden. Wie rosig. Ganz ehrlich, wie kommt man dazu der eigenen Wahrheit von Jemandem so respektlos und intolerant zu begegnen. Meinungs-und Denkfreiheit und die Freiheit seine eigene Wahrheit zu leben und zu teilen sollte eigentlich Inspiration hervorbringen, im mindesten Respekt, vielleicht ja sogar Verständnis. Zumindest solange sie Niemandem ernsthaft schadet. Schaden tut sie höchstens den Synapsen-Regeln und mentalen „No Goes“, die man so lieb gewonnen hat und von denen man denkt, sie sind in Stein gemeißelt. Man ist so alt wie man sich fühlt? Fühlt ihr euch echt wohl in eurer Haut? Wie oft lasst ihr euren Gefühlen freien lauf? Wie oft sprecht ihr über eure Gefühle? Gefühlt ein mal über den Tisch gebrochen.
Bilder werden umhergereicht. Nett sah man damals ja aus. Heute ist alles anders. Das wir uns hier nicht falsch verstehen. Ich bin dem Teil meiner irdischen Familie sehr dankbar für das, was sie für mich getan haben. Vor allem meiner Mutter, die mir immer sehr viel bedingungslose Liebe zu Teil werden lassen hat. Dafür liebe ich diese Menschen auch. Nur ändert es nichts an der Art, wie sie unreflektierte Urteile über mich vom Stapel lassen oder hinter meinem Rücken abschätzig von mir oder anderen reden. Man sollte sich dann doch lieber ein mal an die eigene Nase fassen. Dann würde man erkennen, dass man sich Selbst hinter Urteilen anderen gegenüber versteckt. Man würde erkennen, dass man sich Entschuldigungen zurechtsucht, um seine eigene Kapitulation dem Leben gegenüber zu rechtfertigen. Man würde erkennen, dass man nicht für das Schicksal seinen Kindes verantwortlich ist und dort nichts hineinzuprojezieren hat, sondern sein eigenes Leben lernen sollte, so zu leben, wie man das will. Man würde erkennen, dass das ständige wiederholen der immer gleichen Sätze, Ausreden und Geschwätz einen nicht wirklich weiter bringt und das Mäckern und mit dem Finger zeigen genauso zum deutsch sein gehören wie Ausländerfeindlichkeit und Regelwahn. Eine Familie hat Schattenseiten. Ein Volk hat Schattenseiten. Ein Staat hat Schattenseiten. So etwas zu erkennen, leistet unter anderem Philosophie. Was eine sinnlose Beschäftigung.
Wer hier jetzt auf penible Rechtschreibung pocht und Grammatiknazi ist, fühlt sich bitte penibel penetriert und entnazifiziert.
Ignoranz. Unverständnis. Engstirnigkeit. Intoleranz. Geringschätzung. Heucheleien.
Nichts davon empfinde ich für mich als erstrebenswert. Nichts davon kann ich zu den Werten einer Familie zählen, zu der ich mich zählen möchte.